• Gedenkort - Freiheit braucht Courage

    Anlässlich des Jubiläums „500 Jahre Bauernkrieg und Freiheitsrechte“ hat der Heimatverein Wolfertschwenden einen Gedenkort errichtet.

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Freiheit und Gerechtigkeit keine Frage des Windes

Gedanken des Künstlers

Was gibt einer Gesellschaft moralische Orientierung und wer oder was bestimmt die Koordinaten der Moral? Das Mittelalter definierte sich selbst als das Zeitalter der Mitte zwischen der Welt-Erschaffung durch Gott und ihrem Ende durch Gottes jüngstes Gericht. Für diese Zeit gilt: die Erde unter mir und das moralische Gesetz über mir. Heute sagen wir mit Immanuel Kant: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.

Die Not der Menschen führte dazu, die Machtansprüche von Adel und Klerus zu hinterfragen. Grundlage war die Autorität der Bibel. Das Ergebnis waren die Bauernartikel mit ihrer gesellschaftlichen Einforderung von Freiheit und Gerechtigkeit. Von hier aus wanderten 5.000 Söldner Richtung Kempten, um dieser Bewegung ein blutiges Ende zu bereiten. Die Verhältnisse in unserer Gesellschaft haben sich für die meisten Menschen zum Positiven gewandelt. Und nun können wir beobachten, dass wir jetzt selbst „unsere Burg und Kirche des Wohlstandes und der Freiheit“ vor denen schützen und abschotten möchten, die die Lasten unseres Wohlstandes tragen.
Die Entwicklung von eigenem Wohlstand verändert eben auch den perspektivischen Standpunkt und die eigene Stellung zu den ethischen Werten von Gerechtigkeit und Freiheit.
Für die Gestaltung dieses Ortes haben wir uns zum Ziel gesetzt, den Aspekt der Vergangenheit – dem einstigen Eintreten und Kämpfen für Gerechtigkeit und Freiheit – einen Moment der Gegenwart zukommen lassen wollen. So ist hier die Gestaltung zu verstehen als eine Brücke zur Vergangenheit.

Was bedeuten die Symbole

Die verwendete Bild- und Symbolsprache reicht in die Antike zurück und war im Mittelalter geläufig. Ihre Anordnung in meiner Spielart thematisiert das Kernproblem der Ethik, dass es zu einem Widerstreit zwischen persönlichen Freiheitsvorstellungen und Gerechtigkeit kommen kann. Doch nur beide zusammen – Freiheit und Gerechtigkeit – können die ethischen Koordinaten und Grundlagen unserer Gesellschaftsform bilden. Es ist nicht allein die Idee der Freiheit. Sie als einzige Orientierungskoordinate wäre das freie Spiel und die Macht des Stärkeren. Eine offene und demokratische Gesellschaft versucht, ein Gleichgewicht herzustellen oder zu halten zwischen dem Freiheitswunsch und der Selbstverwirklichung von Individuen und dem Freiheits- und Entfaltungsinteressen der anderen Menschen und Lebewesen.

Für die Freiheit stehen die Fahnen der Ost-West-Achse, mit zwei Vögeln. Der Begriff „vogelfrei“ ist uns bekannt. Der Vogel auf der Ostseite ist ein Falke, ein Raubvogel, die Westseite zeigt eine ahnungslose Taube. Die Ost-West-Richtung steht – wie im alten Sakralbau – auch symbolisch für den Lauf unseres Lebens, des Kommens und Gehens.

Das Symbol für Gerechtigkeit und Gerichtsbarkeit – die Waage – zeigt nach Norden. Der Norden stand im Sakralbau des Mittelalters für alles mögliche Böse, wo es etwas zu richten galt. Deswegen wurden unreine Personen und Straftäter auf alten Friedhöfen oft auf der Nordseite der Kirche bestattet. Die Bauern und Leibeigenen wollten über Gerechtigkeit reden und verhandeln.

Die spiegelnde Edelstahlfahne steht einerseits für das Reden – Reden ist Silber –, andererseits verweist sie als Spiegel den Betrachter auch auf sich selbst, mit Kant, auf das moralische Gesetz in mir. Die südliche goldene Fahne steht für die Wahrheit. Das Schwert war das Symbol der Philosophie in ihrem Kampf um die Wahrheit.

Der Satz „Schweigen ist Gold“ drückt die Unbestimmbarkeit von Wahrheit aus. Die Farbe Gold und das Schwert kann aber auch für den Adel und für die Fürstäbte stehen, denn sie erhoben für sich den Anspruch, von der Wahrheit begünstigt zu sein. Es galt deshalb die Regel, dass man den Adel für eine Frage um Erlaubnis bitten musste und sein Recht nicht in Frage stellen durfte. Der Platz selbst hat einen quadratischen Grundriss, das Quadrat steht symbolisch für die Erde. In den romanischen und gotischen Kirchen stand der Altar in der quadratischen Vierung. Es war der Ort der Vermittlung zwischen Himmel und Erde. Zu ihm gelangte man über vier Stufen, die für die vier platonischen Kardinaltugenden – Tapferkeit, Gerechtigkeit, Besonnenheit und Weisheit – standen. All diese symbolischen Formen und Bilder sind Bestandteil unseres kulturellen Erbes. Dadurch, dass sie uns zum Teil immer noch vertraut sind, regen sie – ohne Vermittlung – zu Gedankenspielen an.